Der Jahnplatz soll nicht bebaut werden. Mit diesem Beschlussvorschlag wollen CDU, FDP und Grüne im Ortsrat Wunstorf die eingeschlafene Diskussion um die Zukunft des Grüngürtels entlang der Südaue wiederbeleben. Auch Anlieger setzen sich für den Erhalt des Grünzuges ein, drängen daher auf eine Entscheidung und kündigen die Gründung einer Bürgerinitiative an.
Denn die Zukunft ist jetzt, könnte man sagen. Um das zu verstehen, muss man eine Zeitreise in das Jahr 2015 unternehmen. Rund 150 Bürger beteiligten sich damals im Hölty-Sportforum an einer sogenannten Zukunftskonferenz, die der damalige Bürgermeister Rolf-Axel Eberhardt als einen Volltreffer bezeichnete. Volltreffer deshalb, weil es aus Sicht der Stadt gelang, eine neue Art der Bürgerbeteiligung zu testen. Sie bestand aus zwei Teilen, der Konferenz und einem recht komplizierten Online-Forum, aus dem nicht viel wurde. Es galt damals Perspektiven für die Zukunft des Grüngürtels zu entwickeln, nachdem zwei Jahre zuvor das Freibad geschlossen wurde. Die Konferenz war moderiert. In kleinen Gruppen diskutierten die Teilnehmer und entwickelten Ideen. Vom „Erlebnispark Südaue“ über „Aktive Entspannung“ bis hin zum „Luftbad“ oder der „Grünen Lunge mit Platz für alle“ reichten die Stichworte.
Allerdings: Eine Sammlung dieser Ideen oder gar eine Dokumentation sucht man heute vergebens. Sie gibt es aber, wie das Rathaus auf Nachfrage bestätigt und könne auch wieder zur Verfügung gestellt werden. Lange Jahre ruhte das Thema, bis sich in dieser Wahlperiode die Vertreter des Stadtrates auf dem Jahnplatz trafen. Schließlich hatten SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, in der Frage endlich einen Schritt voranzukommen. Das Ergebnis war die Beauftragung eines Frischluftgutachtens, das zu Beginn dieses Jahres vorgestellt wurde und die Anwohner alarmierte, weil erstmals massive Baukörper auf Plänen auftauchten. Das passte nicht zu den Ergebnissen jener Zukunftskonferenz, die einen Erhalt der Natur inmitten der Stadt vorsahen, aber auch eine Steigerung der Attraktivität, zum Beispiel von vorhandenen Sportstätten.
”Jetzt sind da drei- bis viergeschossige Häuser zu sehen”, wundern sich etwa Dieter Lange und Barbara Mietusch-Lange. Ihnen ist bewusst, dass diese fiktiven Gebäudekörper lediglich für Berechnungen simuliert worden sind. ”Doch das ganze macht man ja nicht ohne einen Hintergedanken”, sind die beiden überzeugt. Ihre Forderung lautet daher: „Rettet die grüne Lunge von Wunstorf – keine Bebauung des ehemaligen Freibadgeländes und des Jahnplatzes.” Beides ist Teil der grünen Lunge Wunstorfs, die schon an einigen Stellen leider unterbrochen ist. Da sollten nicht noch mehr Bereiche dazukommen, denn das Gebiet wird von den Wunstorfern gern zu Spaziergängen und zur Naherholung genutzt. Eine ähnlich familienfreundliche Freizeitmöglichkeit gebe es im Zentrum der Kernstadt nicht.
Auch die beiden Anlieger haben vor neun Jahren an der Zukunftskonferenz teilgenommen und erinnern an die Ergebnisse. Demnach sahen alle Vorschläge eine moderate Bebauung und die parkähnliche Nutzung als Naherholungsgebiet vor. Einig sei man sich auch darin gewesen, dass es keinen Parkplatz und keine verdichtete Bebauung geben dürfe. Letzteres befürchten aber die Anlieger mit Blick auf andere Wohngebietsentwicklungen innerhalb der Stadt. Dort sei aus ihrer Sicht der Versuch erkennbar, auf wenig Raum möglichst viel Rendite zu erzielen. Sie fragen sich aber auch, wieso man erst eine teure Bürgerbefragung veranstalte und dann die Ergebnisse mehr oder weniger ignoriere.
Aufgeschreckt durch das vorliegende Gutachten hat sich nun eine Gruppe von Bürgern gefunden, die sich für den Erhalt des Grüngürtels einsetzen will. Rund 30 Mitstreiter sind es bereits. Weitere interessierte Bürger aus Wunstorf können gerne mitmachen und unter bi-freibad-jahnplatz@gmx.de mit der Gruppe Kontakt aufnehmen. Eine Unterschriftensammlung ist ebenfalls in Planung. ”Unser Ziel ist es auch, an weiteren Entscheidungsprozessen beteiligt zu werden”, sagt Dieter Lange.
Nun bleibt abzuwarten, was sich die Politik einfallen lässt, um das Thema weiter auf die lange Bank zu schieben. Denn danach sieht es aus. Ortsbürgermeister Thomas Silbermann (SPD) sieht dem Antrag von CDU, FDP und Grünen entspannt entgegen. Darin sind viele richtige Dinge genannt, wie zum Beispiel die Verbreiterung der Amtsstraße oder eine Stärkung des Naherholungsaspekts, sagte er dem Stadtanzeiger. Nur kosten diese Dinge auch Geld, was - so eine gängige Praxis - zum Teil durch eine Verwertung von Flächen aufgebracht werden könnte. Klar sei auch, dass man keine riesigen Baukörper wolle. Insofern überrasche die Formulierung „Seniorenresidenz” etwas in dem Antrag von CDU, FDP und Grünen, so Silbermann. Die SPD habe sich aber in der Sache noch keine Meinung gebildet. Man wolle über das Thema in der nächsten Fraktionssitzung beraten.