Das Wohnen wird immer teurer, denn die Mieten steigen. Gleichzeitig lahmt der Wohnungsbau. Die Entwicklung stadteigener Flächen wie Jahnplatz und Freibadgelände hat keine Priorität, zudem gibt es Widerstand aus der Bevölkerung. Bei der bevorzugten Entwicklung neuer Baugebiete in den Ortsteilen werden zwar Fortschritte gemeldet, wie zuletzt in Blumenau, bis zum Bezugstermin dürften aber noch Jahre vergehen.
Denn auch bei den Entwicklungsträgern ist die Lage alles andere als rosig. Den einen scheint die Luft auszugehen, andere antworten auf Nachfrage gebetsmühlenartig, dass man weiter in Gesprächen sei und Details zu klären habe, wieder andere plustern sich gerade mit neuen Ideen auf und versuchen auf diese Weise, Stadt und Politik unter Druck zu setzen. So lädt die Deutsche Siedlungsbau am 15. Mai kurz vor der Ratssitzung zu einem Dialog-Forum Neue Mitte ein. Ab 14 Uhr soll es im Calenberger um das Vion-Gelände gehen. Die Stadt hatte die Gespräche mit dem Entwicklungsträger ruhend gestellt, weil es keinerlei Fortschritte mehr gab. Nun unterbreitet Geschäftsführer Björn-Michael Hiss unter anderem mit dem Vorschlag, attraktiven, mietpreisgebundenen Wohnraum für Einkommensschwächere schaffen zu können, eine Art Lockangebot, von dem die Stadt, seiner Darstellung nach, aber gar nichts wissen wolle.
Die Verwaltung wiederum betont ihre ständige Kompromissbereitschaft, verweist aber auch darauf, dass es Leitplanken für die Entwicklung der ehemaligen Industriebrache in der Oststadt gebe, an die sich der Entwicklungsträger nur offenbar nicht mehr halten wolle. Dabei sei der städtebauliche Wettbewerb und dessen Ergebnis von allen Seiten anerkannt. Das Ergebnis heißt dann wieder Stillstand. Den gibt es auch an den Stellen, wo Stadt und Investor einig sind und Baurechte längst geschaffen wurden. So war einem Bericht der HAZ kürzlich zu entnehmen, dass es im Baugebiet Viertel vorm Meer in Steinhude nicht vorangehe. Der Entwickler weigere sich, mit dem Neubauquartier zu beginnen. Erst müsse die Politik die Wirtschaftlichkeit wieder herstellen. Gemeint ist der Gesetzgeber im Bund. Die vielen Leitplanken seien ein Hürdenlauf für die Branche und die Schmerzgrenze erreicht. Ein Baubeginn vor der Bundestagswahl 2025 sei daher fraglich.
Die aufkeimende Unruhe hat nun auch den Stadtrat erreicht. SPD und CDU wollen eine umfassende Prüfung des Wohnbedarfs in Wunstorf, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Die Mehrheitsgruppe betrachte das Thema als eine zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre. ”Die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren weiter verändert”, sagt Torben Klant, baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Angesichts der bestehenden Nachfrage nach Wohnraum, den steigenden Wohnkosten und den sich wandelnden Bedürfnissen der Bevölkerung ist es nach Ansicht der Gruppe deshalb erforderlich, die Wohnsituation in Wunstorf genau zu untersuchen. Heinz Widdel, baupolitische Sprecher der CDU-Fraktion Wunstorf, bekräftigt: ”Das Thema Wohnbedarf betrifft uns alle. Mieten müssen stabil bleiben und fehlender Wohnraum muss gedeckt werden, wenn wir die Wohnsituation in unserer Stadt verbessern wollen.”
Die Schaffung kleinerer Wohnungen und von sozialem Wohnraum soll daher wieder auf die Agenda. ”Unser Ziel ist, dass Wohnen in Wunstorf bezahlbar und für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich ist. Wohnungsnot und zu hohen Mieten müssen wir gemeinsam entgegenwirken”, so die Botschaft beider Sprecher. Nur was ist aus dem Sickereffekt geworden, der all das eigentlich ersetzen sollte? Durch die allgemeine Bautätigkeit, so die Vorstellung, würde es eine gewisse Zahl an Binnenumzügen aus Bestandswohnungen heraus in neu geschaffene Immobilien geben. Der Bestand stünde wiederum als preiswerter Wohnraum anderen zur Verfügung, was die Notwendigkeit des sozialen Wohnungsbaus in den Hintergrund treten lasse. Eine kritische Überprüfung dieser zumindest fragwürdigen These ist sicherlich auch geboten.