Diskussion über ICE-Trasse | Wunstorfer-Stadtanzeiger

30.01.2025 15:12

Diskussion über ICE-Trasse

Podiumsdiskussion: Politiker kommen mit Bürgern und Interessenvertretern ins Gespräch.  (Foto: privat)
Podiumsdiskussion: Politiker kommen mit Bürgern und Interessenvertretern ins Gespräch. (Foto: privat)
Podiumsdiskussion: Politiker kommen mit Bürgern und Interessenvertretern ins Gespräch. (Foto: privat)
Podiumsdiskussion: Politiker kommen mit Bürgern und Interessenvertretern ins Gespräch. (Foto: privat)
Podiumsdiskussion: Politiker kommen mit Bürgern und Interessenvertretern ins Gespräch. (Foto: privat)

In Barsinghausen ist im Rahmen einer Veranstaltung mit Politikern über den Neubau der ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse Hannover-Bielefeld diskutiert worden. Die Bürgerinitiative Groß Munzel lud dazu ein und konnte Matthias Miersch (SPD), Tilman Kuban (CDU), Stephan Christ (Grüne) sowie Joris Stietenroth (FDP) auf dem Podium begrüßen. Die Veranstaltung war mit rund 130 Besuchern außerordentlich gut besucht, darunter auch Vertreter von Bürgerinitiativen, zum Beispiel aus Kolenfeld, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände und Bürgermeister sowie Vertreter einiger Anrainergemeinden.

In ihren Eingangsstatements bemängelten sowohl Tilman Kuban als auch Matthias Miersch die fehlende Transparenz des Projektes seitens der Bahn. Beide betonten auch, dass aus ihrer Sicht die Vorgabe der Fahrzeitverkürzung auf 31 Minuten in Frage gestellt werden müsse. Gerade diese starre Vorgabe habe keine ergebnisoffene Diskussion und echte Bürgerbeteiligung zugelassen. Matthias Miersch sagte, dass bei den aktuellen Problemen der Bahn für ihn die Verhältnismäßigkeit eines solchen Großprojektes nicht gegeben sei. Für Tilman Kuban war wichtig, dass der angestrebte Deutschlandtakt auch ohne die Fahrzeitverkürzung funktioniere und die Kapazitäten entsprechend erhöht werden könnten. Dazu gehöre auch, dass der Ausbau der Bestandsstrecke in die Prüfung des Trassenverlaufs einbezogen werden müsse.

Widerspruch aus Wunstorf

Widerspruch kommt aus Wunstorf. Im Ortsrat berichtete Stadtbaurat Alexander Wollny am Mittwoch über das Treffen. Auch er war vor Ort und wunderte sich über die Aussagen der Politiker. Dass der Deutschlandtakt ohne Fahrzeitverkürzung funktioniere und man einfach nur die vorhandenen Kapazitäten im Bestand erhöhen müsse, hält er für fragwürdig. Als Quatsch bezeichnete er sogar den Vorschlag, die Bestandsstrecke auszubauen, etwa durch zwei zusätzliche Gleise. So etwas ist in Wunstorf nicht machbar. Selbst wenn man es sich vorstellen würde, wären damit erhebliche Eingriffe verbunden. Es sei auch falsch, den Eindruck zu erwecken, als könne man im Rahmen der Generalsanierung zusätzliche Gleise schaffen. Dafür sei von Rechtswegen zwingend eine Planung erforderlich. Die Stadt will daher noch einmal einen Beschluss aus dem Jahr 2022 bekräftigen, dem seinerzeit auch alle Ortsteile zugestimmt hatten. Die zentrale Forderung lautet: Die Bahn soll alle Planungsüberlegungen, die im Zusammenhang mit einem Ausbau der Bestandsstrecke stehen, einstellen. Außerdem wird eine Beendigung aller Planungsüberlegungen zu weiteren Trassenalternativen (Pseudovarianten) durch das Wunstorfer Stadtgebiet als Reaktion auf Forderungen von Nachbarkommunen gefordert.

Die hätten verständlicherweise einen anderen Blick auf das Thema. Allerdings ändere auch ein Ausbau im Bestand nichts an den Betroffenheiten, wenn der Deutschlandtakt und die Fahrzeitvorgabe weiterhin als Maßstab gelten. Mit Blick auf die jüngsten Treffen und Einlassungen könne man zudem den Eindruck gewinnen, dass die Bürgerinitiative Kolenfeld, die sehr öffentlichkeitswirksam auftritt, für ganz Wunstorf spreche. Das sei jedoch nicht der Fall, wie auch die Vertreter des Ortsrates Wunstorf noch einmal deutlich machten. Lediglich Andreas Niepel (AfD) plädierte dafür, eine Lösung im Bestand zu suchen. Dazu habe es vor längerer Zeit auch schon einmal Vorschläge gegeben. Alle anderen wiesen darauf hin, dass die Kapazitäten im Bestand erschöpft seien, der Anteil des Güterverkehrs habe stark zugenommen und die Strecke ist überlastet, was vor allem Pendler spüren, die den Nahverkehr nutzen. Ihn gelte es attraktiver zu machen. Erst eine Neubautrasse könne neben der Entlastung für zusätzliche Kapazitäten im Nahverkehr sorgen, so die Einschätzung.

Zuverlässigkeit erhöhen

Dem widersprechen wiederum die Bürgerinitiativen. Die Pläne ändern zunächst einmal nichts, da bis zur Umsetzung noch viele Jahre vergehen werden. Jörg Nohl, Vorsitzender der BI „Wir für Kolenfeld“, sagte, dass der Nah-/Regional- und Güterverkehr von der Kapazitätserhöhung erst in einem Vierteljahrhundert profitieren würden. Viele Teilnehmer des Treffens in Barsinghausen hinterfragten dann auch, ob es angesichts eines von Verspätungen und Störungen geprägten Alltagsbetriebs der Bahn wirklich angemessen sei, milliardenschwere Neubauprojekte zu forcieren, statt die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des bestehenden Schienennetzes zu sichern und zu verbessern. Es bestand demnach breiter Konsens, dass die Bahn zunächst verlässliche, bezahlbare und pünktliche Verbindungen sicherstellen müsse. Neubauprojekte wie die ICE-Trasse seien schwer zu rechtfertigen, solange der Alltag auf den Bestandsstrecken weiterhin von gravierenden Mängeln geprägt sei, betonte Matthias Miersch.

Nur was folgt jetzt daraus? Eine Verbesserung des bestehenden Schienennetzes klingt gut, was aber kaum weiterhilft, wenn die Kapazitätsgrenzen erreicht sind. Die Idee, dass man bei der Generalsanierung nur ein paar Weichen richtig stellen müsse, überzeugt da nicht.

Ziele der Neubautrasse

  • Verkürzung der Fahrzeit (Deutschlandtakt) auf 31 Minuten
  • Engpass auflösen mit zwei weiteren Gleisen zwischen Wunstorf und Minden
  • Verlagerung des Personenverkehrs auf die Schiene und Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs (-598.000 Pkw pro Jahr)
  • Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und Reduzierung des Lkw-Verkehrs
    (-478.000 Lkw pro Jahr)


André Tautenhahn (tau)
André Tautenhahn (tau)

Freiberuflicher Journalist

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