Der Bundestag hat die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete beschlossen. Vorbehaltlich der Zustimmung durch den Bundesrat sollen die Bezahlkarten unter anderem für Bürokratieabbau sorgen. Ein weiteres Ziel ist, die Geldströme einzudämmen, die in Heimatländer gehen, zum Beispiel um nachträglich Schlepper zu bezahlen. Statt Bargeld sollen Geflüchtete finanzielle Leistungen künftig über eine Bezahlkarte, die im Grunde eine guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion (ohne Kontobindung) ist, Leistungen erhalten. Zudem ist die Karte auch denkbar für alle Bedürftige, zum Beispiel nach SGB XII, die kein eigenes Bankkonto besitzen. Wir haben uns im Landkreis umgehört, was Behörden und Institutionen dazu sagen und sich vielleicht auch schon jetzt von der Einführung versprechen.
Dazu gibt es einen Blick in die Landeshauptstadt Hannover: Dort hat man die Bezahlkarte für Geflüchtete bereits in einem Pilotprojekt eingeführt und zieht ein erstes Fazit. Denn: „Die Rückmeldungen sowohl der Kunden, als auch seitens der Sachbearbeiter in der Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover sind durchweg positiv. Die in der Vergangenheit aus Sicht der Kunden empfundene Stigmatisierung, die sich durch den ‘Verpflichtungsschein’ als besonderen Zahlungsweg und das Warten in der Schlange ergab, fällt nun weg. Bisher (seit Einführung Mitte November 2023) sind etwa 240 Karten ausgegeben worden, davon 20 an SGB XII Leistungsempfänger.“
Ähnlich wird es auch in Schaumburg laufen – nur wie genau, das steht bisher nicht fest. Im Landkreis bereitet sich die Verwaltung bereits auf die kommenden Änderungen vor, auch wenn man im Moment weiterhin nicht absehen kann, wann und wie es genau mit der Bezahlkarte losgehen kann. „Es muss auf das Ergebnis der Ausschreibung gewartet werden“, erklärte uns die Pressesprecherin des Landkreises, Anja Gewald. „Diese erfolgt für 14 Bundesländer einheitlich. Die Softwareanbieter (in unserem Fall PROSOZ) sollen in diesen Prozess einbezogen werden, so dass die Umsetzung anschließend zügig und reibungslos erfolgen kann.”
Die Einführung der Bezahlkarte wird grundsätzlich begrüßt, insbesondere um zu verhindern, dass Geldleistungen an sogenannte „Schlepper“ abfließen können. Das ist im Übrigen ein Argument, dem nicht jeder folgen kann. Bei der AWO, Kreisverband Schaumburg, sieht man aber die Einführung auf jeden Fall positiv. AWO-Geschäftsführerin Heidemarie Hanauske und der Fachbereichsleiter für Integration, Stephan Hartmann, beschäftigen sich schon jetzt mit den Änderungen. In einem Gespräch mit dem Schaumburger Wochenblatt wurde dabei deutlich, dass es noch viele Fragen zur Einführung gibt. „Es wird eine Frage der Ausgestaltung sein,“ so Hanauske. Gemeint ist damit, wie Geflüchtete mit der neuen Karte dann zum Beispiel Überweisungen für Strom, Handy oder Miete tätigen und wie viel Bargeld sie abheben können. Denn obwohl die Stellen, an denen man einfach per Karte zahlen kann, heute vielfältig sind, ist nicht überall die Zahlung per Karte eine Option. Hartmann ergänzt: „Ist es für die Menschen praktikabel, das ist die Frage”. Es sei bereits angeregt worden, dass man sich mit allen Beteiligten im Landkreis zusammensetzt, um die Rahmenbedingungen zu klären. Das ist für die AWO besonders wichtig, da ihre Mitarbeiter den ankommenden Flüchtlingen das System erklären müssen und die ersten Wege zu Bank, Ämtern, Supermarkt und so weiter erledigen.
Die Bezahlkarte müsse auf jeden Fall diskriminierungsfrei gestaltet werden. Dazu gehört unter anderem eine freie Verfügbarkeit und dass jeder Volljährige eine eigene Karte bekommen muss. In den 1990ern gab es schon einmal eine Art Bezahlkarte für Geflüchtete. Allerdings war das kaum etwas anderes als ein Gutscheinsystem, das nicht von allen Verkaufsstellen angenommen wurde und es viele Einschränkungen gab.
Wann geht es los?
Das Ausschreibungsergebnis wird im August erwartet. In Niedersachsen soll danach zügig die Bezahlkarte in die Praxis umgesetzt werden. Der aktuelle Stand ist noch nicht so weit fortgeschritten, dass eine umfangreiche Kommunikation erfolgen oder ein verbindlicher Zeitplan aufgestellt werden kann. Beim Landkreis dürften sich die Änderungen vorwiegend beim Sozialamt zeigen. „Der Arbeitsablauf wird sich aber nicht wesentlich ändern, denn die bisher auf das Bankkonto fließenden Überweisungen werden künftig auf die Bezahlkarte fließen. Bei neu ankommenden Geflüchteten würde sich die Ausgabe eines Barschecks erübrigen, den sie nach Ankunft zuerst – weil sie noch über kein Konto verfügen – erhalten,“ erläutert Gewald. Allerdings wird es bei der Umstellung der laufenden Zahlungen auf das Bezahlkartensystem zu einem erhöhten Aufwand kommen, da die Zahlungsdaten in jedem Fall in der EDV angepasst werden müssen.