Es gibt Sammler, die freuen sich über ihre Schätze im stillen Kämmerlein. Andere freuen sich, wenn sie ihre Schätze öffentlich präsentieren können und darüber ins Gespräch kommen, ihr Wissen teilen können. Zu welchem „Sammlertyp“ gehört die Stadt Wunstorf? Würde man nach dem Umfang, der Vielfalt, der Kostbarkeit und der geschichtlichen Bedeutung der Sammlungsobjekte im Wunstorfer Stadtarchiv gehen, dann müsste sich die Stadt geradezu gedrängt fühlen, mit diesen Exponaten in die Öffentlichkeit zu gehen, sie Jung und Alt anschaulich vorzustellen. Das Stadtarchiv ist mit historischen Schätzen gefüllt und längst an seine Grenzen der Lagerkapazität gestoßen. Der Stadt fehlt es an geeigneten Sammlungs- und vor allem Ausstellungsmöglichkeiten.
Hierzu habe sich der Heimatverein immer wieder Gedanken gemacht und dazu in den zurückliegenden zwei Jahren ganz konkret das Pfarrwitwenhaus auf dem Stiftshügel ins Auge gefasst, wie Wunstorfs ehemaliger Bürgermeister und amtierender erster Vorsitzender des Heimatverein Wunstorf, Rolf-Axel Eberhardt, erklärte. „Die Idee, dort ein Museum einzurichten, finde ich sehr, sehr gut. Allerdings müssen dann mehrere Akteure mitmachen, wie zum Beispiel der Kulturring Wunstorf und die Steinhuder Meer Tourismus (SMT). Der Heimatverein allein kann die Miete nicht aufbringen. Die Einrichtung eines Heimatmuseums wäre nur eine mittelfristige Perspektive. Kurzfristig geht das nicht. Und das muss auch die Stadt wollen.“ Und die Verwaltung erteilte den Plänen eines Heimatmuseums aktuell zunächst eine Absage (wir berichteten).
„Im Heimatverein haben wir dazu noch keine abschließende Meinung“, so Eberhardt. Allerdings hätte es Gespräche gegeben, einschließlich gemeinsamer Besichtigungen des Pfarrwitwenhauses, mit Vertretern des Kulturrings und des Kirchenvorstands der Stiftskirche. Inzwischen wurde dieses Haus, als Eigentum der Landeskirche, grundsaniert und als Wohnhaus vermietet. Es wurde im Jahre 1584 für die Stiftsdame Margarethe von Mandelsloh gebaut. Im 19. und 20. Jahrhundert diente es der Unterbringung von Pfarrerswitwen. Heute gilt es weiterhin bei Bedarf als Wohnhaus für Kirchenmitarbeitende.
Die Idee zu einem Städtischen Museum und speziell im Pfarrwitwenhaus ist nicht neu. In Wunstorf hatte Seminarlehrer Heinrich Magnus schon im 19. Jahrhundert „eine Sammlung von vorgeschichtlichen Funden und viel Museumsgut zusammengetragen.“ Es wurde zunächst in einer Heimatstube an der Küsterstraße und später in einem Haus an der Langen Straße, in den Räumen der späteren Bäckerei Rehkopf, ausgestellt. „Nach dem Ersten Weltkrieg war alles verschwunden“, beklagte der ehemalige Heimatvereinsvorsitzende Armin Mandel im Heimatspiegel, der Mitgliederzeitschrift des Vereins.
Eine hannoversche Zeitung brachte im Februar 1936 eine zuversichtliche Reportage über Wunstorfs Zukunft mit der Überschrift: „Große Pläne in einer kleinen Stadt“. Sie berichtete über den Bau eines großen Kulturhauses in Wunstorf und pries die Einrichtung des Heimathauses. Am 1. März 1937 erschien in der Wunstorfer Zeitung eine riesige mit Aufruf überschriebene Anzeige. Sie war von Bürgermeister Hans Mentzel, zusammen mit dem Vorsitzenden der Heimatbundgruppe Freiherr von Warngenheim, aufgegeben worden. Darin hieß es: „Es ist beabsichtigt, in dem von der Stadt Wunstorf neu hergerichteten Heimathaus, dem alten Pfarrwitwenhaus im Kloster, Erinnerungen aus den früheren Zeiten unserer Stadt zu sammeln und solche auf diese Weise der Einwohnerschaft zugänglich zu machen.“ „Als dann die Kriegszeiten kamen, gab es plötzlich andere Aufgaben, und obwohl das Heimathaus im Kloster nicht schlecht ausgestattet und eingerichtet war, nahm die Sammlung ein trostloses Ende. Es fand sich sogar niemand, der die ausgestellten Stücke zurückgab oder wenigstens mit Sorgfalt lagerte. Viel wurde völlig unsachgemäß auf dem Rathausboden untergebracht, wo es bald verstaubte und verdreckte oder sogar verschwand und bei Antiquitätenhändlern in Hannover wieder auftauchte“, schilderte Mandel.
Mit dem „Wunstorf Info“ des Heimatvereines im Untergeschoss des Wunstorfer Rathauses, wurde ein erster Neuanfang gestartet. Doch der Raum reicht nicht aus, um die Geschichte der Stadt, ihre Entwicklung und Bedeutung, ihre hervorgebrachten Persönlichkeiten sowie ihre kulturellen Werte ansprechend und ausreichend zu präsentieren. Schon gar nicht, um diese Inhalte zeitgemäß zu präsentieren. Etwas muss passieren, denn das Stadtarchiv ist kein Sammlungsmagazin für ein Museum, wie Stadtarchivar Klaus Fesche bereits im Jahr 2020 gegenüber dem Autor beanstandete. Andererseits wird es gerade in dieser Zeit darauf ankommen, wichtige Informationen aus der Stadtgeschichte von den noch lebenden Kriegs- und Nachkriegsgenerationen zu sichern, bevor es unwiederbringlich nicht mehr möglich ist.
„Es gibt derzeit weder einen Bedarf, noch einen Antrag oder eine Anfrage zu Plänen für ein Heimatmuseum in Wunstorf“, erklärte Bürgermeister Carsten Piellusch seine Sicht gegenüber dem Autor. „Es gibt keine Liste des Heimatvereins, aus der hervorgehen würde, dass es genügend Exponate für ein Heimatmuseum geben würde.“ Die wichtigsten Kriterien hierbei wären für ihn „die Anzahl der Exponate und deren Bedeutung, sowie das mutmaßliche Interesse der Stadtgesellschaft an einem Museum.“ Seiner Ansicht nach ist es der falsche Weg, mit einem Raum anzufangen. „Zunächst müsse es ein Konzept für das Museum geben“, so Piellusch. „Man braucht dafür auch nicht nur Räume, sondern auch einen Betreiber und Personal für die Aufsicht.“ Nicht zu vergessen sei außerdem, „dass es sich bei einem Museum um eine freiwillige Leistung des Stadthaushaltes handelt.“ Und weiter: „Solange wir Kredite aufnehmen, um unseren Haushaltsausgleich herbeizuführen, ist das finanzpolitisch schwierig“, so der Verwaltungschef.
Zur Frage, ob ein Wunstorfer Stadtmuseum tatsächlich am Geld scheitern wird, gehen wir in einem weiteren Artikel in der nächsten Ausgabe nach.