Zahlreiche Landwirte aus Schaumburg haben Protestfahrten und weitere Aktionen auf die Beine gestellt, um ein Zeichen gegen die Streichung der Subvention des Agrardiesels zu setzen. Wobei Vertreter der Bauern stets betonten, dass die jüngst angestrebten Sparmaßnahmen nun zu ohnehin hohen Belastungen hinzukämen. Auch Vertreter von Handwerkerschaft, Speditionen und Gastronomie schlossen sich den Kundgebungen an.
Gefühlt seien alle verfügbaren Schlepper auf den Straßen unterwegs gewesen, erklärte Achim Pohl, Vorsitzender Landkreis Schaumburg im Landvolk Weserbergland beim Mahnfeuer am Mittwoch in Helpsen. Weit über 100 Bauern hatten sich hier versammelt, um gegen die aktuellen Sparmaßnahmen der Ampelregierung und die Agrarpolitik der vergangenen Jahre allgemein zu protestieren.
Am Montag waren die Bauern in ihre Protestwoche gestartet. In langen Kolonnen waren sie mit Traktoren auf den Straßen des Landkreises unterwegs, machten mit Transparenten auf ihre Interessen aufmerksam. Mit dabei waren auch Handwerker sowie LKW des Transportgewerbes und mancher Bürger ohne Zugehörigkeit zu diesen Wirtschaftsbereichen, um ihren Protest gegen den Kurs der Bundesregierung kundzutun. Spürbar auch hier, dass es längst nicht mehr allein um das Thema Agrardiesel ging. „Zu viel ist zu viel“, „Stirbt der Bauer, stirbt das Land“ war zum Beispiel auf Transparenten an den Traktoren zu lesen. Aktionen wie die Blockade der B441 in Hagenburg, die langsam fahrenden Kolonnen in Bad Nenndorf/Rodenberg, Nienstädt bis Bückeburg und andernorts erst recht die Blockade der Autobahn führten zu ganz erheblichen Verkehrsbehinderungen.
Beim Einwerfen von Protestnoten an den Büros der Schaumburger SPD sowie der Schaumburger Grünen in Stadthagen erläuterten die Beteiligten ihre Beweggründe für den Protest. Achim Pohl wies, wie auch am Mittwochabend in seiner Rede beim Mahnfeuer, daraufhin, dass die angestrebte Abschaffung des Steuervorteils für Agrardiesel nach über viele Jahre ansteigenden Belastungen nun der Tropfen sei, der „das Fass zum Überlaufen bringt“. Je nach Betrieb könne sich die Kürzung in mehreren Tausend Euro auswirken. Sie komme nun zu Belastungen der vergangenen Jahre hinzu, wie sich stetig erweiternde Dokumentationspflichten, Bestimmungen etwa zu Gewässerrandstreifen, Auflagen für das Tierwohl und vieles weitere mehr.
Pohl stellte die Problematik in einen größeren Zusammenhang. Zu betrachten seien die Produktionsverhältnisse etwa in anderen europäischen Ländern. Die geplante Rücknahme der Agrardiesel-Vergütung würde Deutschland in Bezug auf die Treibstoffpreise in eine Spitzenposition führen. Die Auflagen im Bereich Tierwohl hätten im Bereich der Schweinezucht zum Ausstieg zahlreicher Betriebe in diesem Sektor geführt. Folge sei jedoch eine Verlagerung der Produktion ins europäische Ausland. Dort würden die Vorschriften in manchen Staaten jedoch wiederum eine Tierhaltung unter Bedingungen erlauben, die weit unter deutschen Standards liege. Grundsätzlich mache die mangelnde Planungssicherheit bei sich ständig wandelnden Vorschriften den Landwirten schwer zu schaffen.
Dies unterstrichen auch Kreishandwerksmeister Dieter Ahrens, Klaus Pittack, Vorsitzender der DeHoGa und Matthias Molthahn, Geschäftsführer des bekannten Speditions-Unternehmens und Vertreter des Bundesverbandes des Transportgewerbes. Molthahn verwies unter anderem auf die ganz erhebliche Anhebung der Maut, die von den Betrieben kaum zu verkraften sei. Pittack sprach die Mehrwertsteuer an, die für die Gastronomie wieder auf 19 Prozent angehoben wurde. Eine Maßnahme, die Bundeskanzler Olaf Scholz einst ausgeschlossen hatte. Ahrens betonte, dass die laut seiner Aussage von der Regierung ausgelöste Planungsunsicherheit den Handwerksbetrieben ganz erheblich zusetze.
Alle Redner betonten, dass es unbedingt notwendig sei, bei den Aktionen beispielsweise Sachbeschädigungen, Beschimpfungen und Pöbeleien zu vermeiden und sich im Rahmen der Grenzen des demokratischen Protestes zu bewegen.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers hatte mitgeteilt, dass sie die Protestnote nicht entgegennehmen könne. Einerseits weil sie schon vorher andere nicht verlegbare Termine vereinbart habe. Andererseits weil es noch nicht zu verantworten sei, nach dem Fäkalienangriff (wie berichtet) wieder Mitarbeiter im Büro tätig werden zu lassen. Sie stehe jedoch ohnehin in Austausch mit dem Landvolk und sei auch weiterhin zum Austausch bereit.
Vertreter der Bauern erklärten beim Mahnfeuer am Mittwoch, dass sie vielfach Zuspruch aus der Bevölkerung erhalten würden. Die CDU-Landtagsabgeordnete Colette Thiemann unterstützte in einer Rede den Protestkurs der Landwirte. Donnerstag beteiligten sich viele Schaumburger Bauern an der Fahrt zur Kundgebung nach Hannover.
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