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Rechtsanwalt und Notar Dieter Liebelt im seminarraum der Bürgerstiftung Schaumburg. (Foto: ab)

Die Tücken des „Berliner Testamentes“

Die Bürgerstiftung Schaumburg existiert Ende November seit 19 Jahren als eine Initiative von Bürgern für Bürger. In ihrem Jahresbericht für 2022 stellte der ehrenamtlich tätige Vorstand ihre Ziele und Aktivitäten dar. In sieben Treuhandstiftungen sowie zwei Stiftungsfonds verwaltet die Bürgerstiftung Schaumburg circa 5,5 Millionen Euro. Mit den Erlösen werden soziale Projekte, wie beispielsweise „Lesepaten“ und „Schaumburg geht Schwimmen“ – eine Fertigkeit, die nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Karsten Becker, bei Kindern leider immer seltener feststellbar ist. Die Planung und Organisation von Seminaren für Ehrenamtler haben offenbar einen riesigen Bedarf geweckt. „Wir werden überrannt mit Anfragen,“ so Karsten Becker. Für interessierte Bürgerinnen und Bürger hatte der Vorstand einen Vortrag des Bückeburger Rechtsanwaltes und Notars Dieter Liebelt organisiert. Das Thema: „Die Tücken des Berliner Testamentes!” Nach kurzer Zeit waren die etwa 20 Plätze im Seminarraum in der Engen Straße vergeben, so dass sich der Vorstand entschied, weitere Termine anzubieten. Zwischenzeitlich sind mit ehrenamtlicher Unterstützung durch den Notar Dieter Liebelt vier Seminare geworden – alle bereits ausgebucht. In seinem Vortrag bezog sich der seit 1986 tätige Fachmann für Erbrecht auf das sehr weit verbreitete sogenannte „Berliner Testament“. Dabei setzen sich grundsätzlich Mann und Frau gegenseitig als Erben ein und schließen damit zunächst erst einmal die gesetzliche Erbfolge aus. Durch diese gegenseitige Absicherung gehen vorhandene Kinder bis auf den vorgeschriebenen Pflichtteil leer aus und werden quasi enterbt. Dieser Pflichtteil besteht dann nur noch aus der Hälfte des gesetzlichen Teils und besteht als reiner Geldanspruch. Immobilien bleiben damit unangetastet, die Erbin oder der Erbe werden nicht in das Grundbuch eingetragen und die/der Überlebende kann allein darüber verfügen. Die Tücken bei dieser Form des Testamentes liegen, wie so oft, im Detail. Durch die gegenseitige Absicherung entsteht eine Bindungswirkung, ein geschlossener Erbkreis, der in dieser Form nach dem Tod eines Partners nicht mehr geändert werden kann. Ein erster wichtiger Tipp des Fachmannes lautet demnach, einen Änderungsvorbehalt ausdrücklich in das Testament aufzunehmen. Damit ist gewährleistet, dass die/der Überlebende später, sollten sich die Verhältnisse zu einem oder mehreren Kindern negativ verändern, die Erbfolge ändern kann. Liebelt sprach für den Fall, dass ein Kind das Pflichtteil einfordern sollte, davon, eine Pflichtteilbestrafungsklausel einzufügen. Damit kann der Längstlebende auch für sein Ableben das Pflichtteil bestimmen. Durch weitere Details im eigentlich einfachen Berliner Testament, besteht sogar die Möglichkeit einer doppelten Bestrafungsklausel. Wie das zum Beispiel in Form eines Vermächtnisses aussehen kann, sollte jedoch mit einem Fachmann, einem Notar, besprochen werden. Im Gespräch mit den sehr interessierten Zuhörern, konnte Dieter Liebelt eine Reihe von Fragen beantworten, die häufig die persönliche Situation der Fragenden betrafen. Sein Hinweis auf den Paragrafen 2079 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), veranlasste einige Besucher zum eifrigen Mitschreiben. Der Paragraf regelt die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten. Neben Antworten zu Fragen eines Erbscheins – kostet laut Liebelt in der Regel mehr, als ein notarielles Testament -, zu den Möglichkeiten von Vermächtnissen und anderen Detailfragen, wies der Notar auf eine noch verhältnismäßig neue EU-Regelung hin. Seit 2015 gilt ein EU-Erbrechtsstatut. Dieses besagt, dass das Erbrecht desjenigen Staates gilt, in dem der Erblasser lebt und nicht dasjenige, in dem das Testament verfasst wurde. Interessant für alle, die ihr Rentenalter im EU-Ausland verleben möchten. Als Ergebnis bleibt, im Übrigen auch bei dem Redakteur, der Eindruck, dass auch beim Verfassen eines eigentlich einfachen Berliner Testamentes der Besuch bei einem Notar dringend angesagt ist.
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