Der Dialog mit der „Neuen Mitte Wunstorf“ (NMW) bzw. ihrer Nachfolgegesellschaft „Grundstück DE NMW GmbH“ soll ruhen, wie es in der Erklärung der Stadt heißt. „Es gibt derzeit keine Realisierungsperspektive durch weitere Verhandlungen“, so der Bürgermeister. Das hatte sich schon länger abgezeichnet. Bis Ende des Jahres sollte eigentlich eine Lösung für die festgefahrenen Verhandlungen präsentiert werden, im Idealfall ein neuer Vorhabenträger, der das Projekt zu den Vorgaben der Stadt übernimmt. Das gelang jedoch nicht.
Weißer Ritter fehlt
So verweist die Stadt auf ein aktuelles Wertgutachten, aus dem sich ergebe, dass die bevorzugte Planungsvariante V1 eine Rendite von bis zu 15 Millionen Euro verspricht. Die erzielbare Rendite könne demnach sogar noch höher ausfallen. ”Damit ist eindeutig die zuvor von der NMW vertretene These widerlegt, dass die Umsetzung der Planungsvariante V1 unwirtschaftlich sei”, so die Stadt. Wenn das aber so ist, warum gibt es dann keinen oder mehrere neue Vorhabenträger, die sich um das lukrative Projekt reißen? Dazu sagt die Stadt nichts, nur, dass es Termine mit Interessenten gegeben hätte, auch mit Investoren und Entwicklern, die die Stadt selbst benannt habe. Die Tür stehe auch für einen möglichen neuen Hauptprojektverantwortlichen offen. Nur gibt es diesen „weißen Ritter” nicht, wie Björn Hiss von der NMW dem Stadtanzeiger auf Nachfrage sagte. Man habe das Projekt mehreren Interessenten vorgestellt, das ist richtig. Alle hätten aber abgesagt mit der Begründung, dies sei nicht wirtschaftlich umsetzbar.
Neue Prioritäten
Und auch die Stadt rechnet nicht mit einer raschen Aufnahme neuer Verhandlungen. Man will vielmehr Personal abziehen und sich um andere Vorhaben kümmern. ”Es gibt zahlreiche potentielle Baugebiete, die nunmehr priorisiert angegangen und auf denen die frei werdenden personellen Kapazitäten eingesetzt werden können“, so Stadtbaurat Alexander Wollny. Und der Bürgermeister ergänzt: „Wir werden den Fokus jetzt auf die Wohnbaulandentwicklung in den Ortschaften legen. In der Stadt Wunstorf ist Wohnraum schließlich nach wie vor stark nachgefragt, sodass wir uns den Projekten widmen werden, bei denen wir zeitnah eine Einigung erzielen und schneller zum Ziel kommen, um Bauland bereitzustellen.“
Bei den Angaben über konkrete Vorhaben hält sich die Stadt aber weiterhin bedeckt, um die Erfolgsaussichten nicht zu gefährden. Auf entsprechende Nachfrage dieser Zeitung sagte Bürgermeister Piellusch, dass der Prozess des Flächenankaufs begonnen habe und Aufstellungsbeschlüsse für Bebauungspläne folgen, sobald die Grundstücksverhandlungen abgeschlossen sind. Neues Baurecht könnte dann im Jahr 2025 oder 2026 entstehen, so eine grobe Zeitschiene. Bis dahin gebe es mit Baugebieten in Steinhude wie Im Kellerbusch Süd (Vermarktung gestartet) und Viertel vorm Meer (Vermarktung ab 2025 angestrebt) bereits Entwicklungen.
Rote Linien
Beim Vion-Gelände mit seinen rund 60.000 Quadratmetern Grundfläche hält die Stadt nach wie vor an einem Siegerentwurf eines städtebaulichen Wettbewerbs fest, der vor inzwischen sieben Jahren stattgefunden hat und als wesentlichen Kern ein großes Lärmschutzbauwerk enthält sowie parkähnliche Flächen. Bei einigen Punkten habe es ein Entgegenkommen der Stadt gegeben, etwa um mehr Bebauung zu ermöglichen. ”Wir waren sogar bereit, einen Teil des öffentlichen Grünraumes zusätzlich der Nettobebauung zuzuführen, damit die Wirtschaftlichkeit noch weiter erhöht wird“, sagt Wollny. Man wolle aber keinesfalls noch mehr städtebauliche Qualität einer weiteren Renditeoptimierung opfern.
Eine klare rote Linie, die erklären könnte, warum es keinen neuen Entwickler und keine weiteren Fortschritte gibt. Die Stadt verweist zudem darauf, dass die bevorzugte Planungsvariante 1, der auch die Politik zustimmte, von der NMW selbst stammte.
Im Nebensatz
In einem Nebensatz wird aber noch ein weiterer gewichtiger Aspekt genannt. Demnach spielt für die Entscheidung, die Gespräche ruhen zu lassen, auch eine Rolle, dass sich Kosten- und Kreditzinsbedingungen verschlechtert haben, was wiederum als Indiz für die augenblickliche Unwirtschaftlichkeit des Vorhabens gewertet werden kann. Ein Rückkauf des Grundstücks über dem Verkehrswert komme für den Bürgermeister auch nicht in Betracht. Damit dürfte die Industriebrache so bleiben wie sie ist.
Für die Eigentümergesellschaft kommt der Schritt der Stadt überraschend. ”Wir sind darüber nicht informiert worden”, so Hiss zum Stadtanzeiger. Man fühlt sich übergangen und will reagieren, auch um zahlreiche Behauptungen der Stadt zu korrigieren. Bis Redaktionsschluss lag die angekündigte Stellungnahme aber noch nicht vor. Foto: privat