Lebendige Szene trotz hoher Konzentration | Wunstorfer-Stadtanzeiger

06.10.2024 11:15

Lebendige Szene trotz hoher Konzentration

Zuschauer: Wilfried Möhrstedt (li.) und Ludger Wiese (re) beobachten Vereinskollege Frank Kettner Nikolaus am ersten Brett (2.v..re.) bei einer Partie. <br> (Foto: privat)
Zuschauer: Wilfried Möhrstedt (li.) und Ludger Wiese (re) beobachten Vereinskollege Frank Kettner Nikolaus am ersten Brett (2.v..re.) bei einer Partie.
(Foto: privat)
Zuschauer: Wilfried Möhrstedt (li.) und Ludger Wiese (re) beobachten Vereinskollege Frank Kettner Nikolaus am ersten Brett (2.v..re.) bei einer Partie.
(Foto: privat)
Zuschauer: Wilfried Möhrstedt (li.) und Ludger Wiese (re) beobachten Vereinskollege Frank Kettner Nikolaus am ersten Brett (2.v..re.) bei einer Partie.
(Foto: privat)
Zuschauer: Wilfried Möhrstedt (li.) und Ludger Wiese (re) beobachten Vereinskollege Frank Kettner Nikolaus am ersten Brett (2.v..re.) bei einer Partie.
(Foto: privat)

Die Schachsparte des TuS Wunstorf hat ihr 35-jähriges Bestehen gefeiert. Im Sommer 1989 fasste Ludger Wiese den Entschluss, in Wunstorf einen Schachverein zu gründen. In der Stadt gab es bereits zuvor eine aktive Schachszene und in den 60er und 70er Jahren bestand schon einmal ein Schachclub in Wunstorf.

In einschlägigen Cafés und Gaststätten waren auch überregional bekannte Spieler regelmäßig zu Gast. Den noch heute aktiven Gründungsmitgliedern sind die bekanntesten Schachtreffs, das seinerzeitige Café Jakobs (auf dem rückwärtigen Parkplatz des EDEKA an der Hindenburgstraße gelegen) und die legendäre Milchbar Aselmann (gegenüber dem Hölty-Gymnasium an der Hindenburgstraße gelegen) noch gut in Erinnerung. ”Da wurde auch wochentags bis tief in die Nacht Blitz-Schach gespielt”, erzählt Wiese. ”Und die Luft war zum Schneiden - die haben fast alle geraucht”, ergänzt Wilfried Möhrstedt, ebenfalls von Anfang an dabei. Den alten Schachclub gab es Ende der 80er Jahre nicht mehr, wohl aber einen Schachverein in Steinhude.

Dem während seiner Studienjahre in West-Berlin als Vereinsspieler aktiven Wiese reichte das aber nicht. Er kannte das Wunstorfer Potential, ließ es darauf ankommen und inserierte im Stadtanzeiger: Schachspieler für Vereinsgründung gesucht. Auf Anhieb kamen die acht für eine Mannschaft erforderlichen Spieler zusammen. ”Wir durften dann sogar etwas höher - in der Kreisliga - einsteigen, weil bekannt war, dass wir einige starke Spieler dabeihatten”, berichtet Möhrstedt. ”Und sind dann direkt zweimal hintereinander aufgestiegen.” Durch die Aufnahme als Sparte in den TuS Wunstorf konnten die Wunstorfer eines der größten Probleme vieler Schachvereine sofort lösen: Eine geeignete Spielstätte finden. ”Wir hatten von Beginn an ein wunderbares Spiellokal in der Rudolf-Harbig-Straße 2”, sagt Wiese. Und dort werden auch heute noch die Heimspiele ausgetragen, finden das Jugendtraining und die Vereinsabende statt.

Insbesondere durch die Kooperation mit dem Hölty-Gymnasium kamen auch schachbegeisterte Kinder und Jugendliche zum Vereinsschach, so dass der Verein Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre vier Mannschaften im Erwachsenenbereich und eine erfolgreiche Jugendmannschaft im Spielbetrieb hatte. Doch es kamen auch magere Jahre. Viele junge Spieler verließen im Zuge von Ausbildung und Studium die Stadt, die Zusammenarbeit mit dem Hölty-Gymnasium war eingeschlafen und es fehlte an engagierten Mitgliedern, die Jugendarbeit betrieben, Spiel- und Turnierbetrieb organisierten, über das Vereinsleben berichteten und Impulse gaben. 2013 veranstalteten die Wunstorfer das „Robert-Neuhoff-Gedenkturnier” zu Ehren des verstorbenen und schachlich wie persönlich herausragenden Namensgebers. Eine Zäsur kam mit Corona. Infolge der pandemiebedingten Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens drohte auch das Vereinsleben vollends zum Erliegen zu kommen.

Punktspielbetrieb konnte nicht mehr stattfinden und auch die Vereinsabende nur noch digital. Doch der Club hielt stand. Geduldig und geistreich wurden digitale Spielformate entwickelt und die gemeinsame Hoffnung auf „echte” Spiele mit einem leibhaftigen Gegenüber am Brett hielten die Wunstorfer Schachfreunde zusammen. Und tatsächlich eröffneten sich neue Perspektiven. Die Kinder- und Jugendarbeit lief durch besonders engagierte Vereinsmitglieder wieder an, Spieler, die durch Onlineschach während der Pandemie das Spiel für sich entdeckt hatten, traten auf den Plan und unverhofft kehrten auch Spieler zurück, die den Verein als Studenten verlassen hatten.

Abgesehen von Abstiegen und Aufstiegen, nervenaufreibenden Mannschaftskämpfen und hitzigen Debatten um die Verwertung von Freibauern sei ihm ein Ereignis in der Vereinsgeschichte doch besonders in Erinnerung geblieben: Die Begegnung mit den Schachfreunden aus Wolmirstedt. Die Reise in die damals noch in einem anderen Land gelegene Wunstorfer Partnerstadt im Jahr 1990 sei etwas ganz Besonderes gewesen, erinnert sich Wiese. ”Aber wir haben das Hinspiel verloren”, stellt Möhrstedt nüchtern fest. Der Vereinsgründer blickt optimistisch in die Zukunft „seiner” Schachsparte: ”Ich habe das Gefühl, Schach hat wieder Aufwind”, fasst Wiese die derzeitige Stimmung zusammen. In dieser Saison treten Mannschaften in der Bezirksklasse und in der Kreisklasse an. Zwei ambitionierte Jugendmannschaften werden in der Landesklasse und auf Bezirksebene an den Start gehen.

Ein neu konzipierter Einsteigerkurs für Kinder und Jugendliche stieß jüngst auf große Resonanz. Seit dem 22. September läuft die neue Saison. Wer Interesse an Schach als Wettkampf oder Hobby hat, ist in der Rudolf-Harbig-Straße 2 an jedem Dienstagabend herzlich Willkommen. Ab 18 Uhr trainieren die Kinder und Jugendlichen, im Anschluss findet der Vereinsabend statt.


André Tautenhahn (tau)
André Tautenhahn (tau)

Freiberuflicher Journalist

north