Sattelkammer für tierische Therapeuten
Auf den ersten Blick ist dieser Hof gar nicht so „anders”: Eine blonde Frau steht mit Striegel und Bürste bewaffnet zusammen mit einem jungen Mädchen neben einem Haflinger-Pony, ein Stückchen weiter spielen zwei Kinder ausgelassen Fußball auf der Wiese. Haus- und Hofhund Lucky streift hinüber zum Pferdestall und trabt wenig später zurück in das große alte Fachwerkhaus, welches mit viel Herzblut zu einem schönen Zufluchtsort für die Großfamilie gestaltet wurde. Die „Großfamilie”, das sind insgesamt zwölf Kinder und Jugendliche, Waldorflehrer Wolf von Knoblauch, Sozialpädagogin Susanne Ewers sowie viele weitere Team-Mitglieder. Erst wenn man genauer hinsieht und vorallem hinhört, erfährt man, der Verein „Hof anders!” ist eine vollstationäre Jugendhilfeeinrichtung zur Förderung und Unterstützung von Kindern sowie Jugendlichen, die sich in einer Lebens-Not-Situation befinden. Kürzlich hat der Präsident des Lions-Club Steinhuder Meer Marc Grewohl, dem Hof einen Besuch abgestattet, um die Übergabe einer Spende im Wert von 1.000 Euro offiziell zu machen. Schon lange besteht zwischen einigen Klub-Mitgliedern und dem Hof ein freundschaftliches Verhältnis. Aus diesem Grund hat „Löwe” Wilhelm Langhorst zusätzlich aus eigener Tasche gespendet. Verwendet wurde das Geld für den Bau einer Sattelkammer, eines Holzhauses samt Fundament. Das Reiten wird auf dem Hof anders! therapeutisch eingesetzt. Durch die Tiere lernen die Kinder, Verantwortung für ihre behuften Freunde zu übernehmen. Denn die tägliche Stallarbeit gehört genauso dazu, wie der direkte Kontakt zu den Pferden und Ponys. Junge Menschen die hier leben, sollen lernen wie es ist, den Alltag in einer intakten „Familie” zu verbringen. Gemeinsame Mahlzeiten bieten Raum für Gespräche. Die Kinder merken, sie sind nicht allein - ihre Probleme werden ernst genommen. Denn oft haben diese jungen Menschen die Erfahrung gemacht, dass seelische Befindlichkeiten missbraucht oder gar nicht erhört werden. Solange sie noch nicht in die Schule gehen, findet ein anderer geregelter Tagesablauf statt. Dieser beginnt mit einem Frühstück und der Planung für den Tag. Notwendige Arbeiten werden erläutert und entschieden. Da wird gemeinsam in den Garten gegangen, eine Maschine repariert, die Wiese gemäht, der Zaun geflickt, in der Küche gebacken oder der Bau einer neuen Brücke über den Bach unterstützt. Die Aufgaben auf dem Hof bestimmen den Lebensrhythmus der Kinder und machen sie stark für die Zukunft. Bedeutend ist auch, so weit möglich und notwendig, das Einbeziehen der Erziehungsberechtigten. Der künstlerische Aspekt besitzt einen hohen Stellenwert. Die Jugendlichen können durch plastisches Gestalten in Ton oder Stein oder mit Farben experimentieren. Denn Unausgesprochenes frei zu setzen, ohne dass es jeder gleich lesen kann, ist eine sehr effiziente Form der Eigentherapie. Die jungen Menschen finden dabei zurück zu ihrem Gleichgewicht. Letztendlich stärken sie selbst die Möglichkeiten der Reintegration und werden zu Persönlichkeiten der Gesellschaft. Loslassen, Freiraum geben, Vertrauen und Geborgenheit schaffen, dass sind die Säulen der erfolgreichen präventiven und pädagogischen Arbeit auf dem Hof anders!. Und das ist der Grundsatz, der den Hof schlussendlich so „anders” macht. Interessierten steht die Tür der Familieneinrichtung jederzeit offen. „Wir freuen uns, wenn Menschen kommen die sich für unsere Arbeit interessieren”, sagt von Knoblauch. Regelmäßig finden Hoffeste statt zu denen jeder kommen kann. Weitere Informationen sind auf www.hof-anders.de zu finden.Foto: wa