Sogenannte Merle-Hunde mit marmoriertem Fell. Was Sie als Halter oder Züchter beachten müssen und über die Genmutation hinter dem Merle-Faktor wissen sollten.
Hunde mit dem sogenannten Merle-Faktor sind extrem beliebt. Ihre einzigartige fleckige Fellfärbung, die Folge eines mutierten Gens ist, zählt zu den schönsten der Welt. Zu den beliebtesten Merle-Hunden zählen Australian Shepherds, Shetland Sheepdogs, Border Collies oder Cocker Spaniel. Aufgrund der hohen Nachfrage wird der Merle-Faktor gezielt gezüchtet und in verschiedene Hunderassen eingekreuzt.
In Deutschland ist die Verpaarung von zwei Hunden mit dem Gendefekt laut Tierschutzgesetz allerdings verboten. Der Grund: Die Welpen von zwei Merle-Hunden leiden oft unter Ohren- und Augenanomalien. Nicht selten werden sie taub oder blind. Sollte man also die Finger von den schönen Fellnasen lassen, weil es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Qualzucht handelt? Ganz so einfach ist es nicht.
Die Genetik hinter der Pigmentstörung
Wichtig ist zunächst zu verstehen, wie das Merle-Muster überhaupt entsteht. Die Fellfärbung ist Folge einer Mutation des sogenannten Silver-Gens, das sich beim Hund auf dem Chromosom CFA10 befindet. In der Regel haben Hunde ein Allel (Genpaar) aus zwei Monofarbigkeits-Genen (mm).
Mischerbige Merle-Hunde haben den Genotyp Mm – das heißt, sie haben ein Gen für Merle (M) und ein Gen für Non-Merle (m). Wenn ein Merle-Hund (Mm) mit einem Non-Merle-Hund (mm) verpaart wird, erhält statistisch die Hälfte des Wurfs das Merle-Allel (Mm) und die Hälfte das Non-Merle-Allel (mm). Die Züchtung von mischerbigen Merle-Hunden mit reinerbig gesunden Hunden gilt nicht als Qualzucht und ist kein Risikofaktor für gesundheitliche Probleme.
Die Gefahr ist die Verpaarung zweier Merle-Hunde (Mm & Mm) – denn reinerbige Merle-Welpen (MM) leiden oft unter den genannten Beschwerden. In einer Studie mit mehreren Merle-Rassen wiesen Merles mit einer Kopie des M-Allels eine Taubheitsrate von 2,7 Prozent auf einem Ohr und 0,9 Prozent auf beiden Ohren auf.
Bei Doppel-Merles lag die Taubheitsrate bei 10 Prozent auf einem Ohr und 15 Prozent auf beiden Ohren. Doppelmerles haben häufig komplett weißes Fell und ein erhöhtes Risiko für Fehlfunktionen der Augen und Ohren. Der Grund ist, dass das durch den Merle-Faktor beeinflusste Pigment Eumelanin nicht nur für die Fellfärbung wichtig ist, sondern auch für die Funktion der Sinnesorgane. Ist dieses reduziert oder fehlt ganz, kann es vorkommen, dass die Organe beeinträchtigt sind.
Wann ist ein Merle-Hund eine Qualzucht?
Doppel-Merles sind oft Folge skrupelloser, profitorientierter Qualzuchten. Die Wahrscheinlichkeit, aus einem Wurf mit zwei Merle-Eltern mehr gesunde Merle-Welpen herauszubekommen ist höher, als bei der Verpaarung eines Merles mit einem Non-Merle-Hund. Deshalb nehmen illegale Züchter die Missbildungen bei einem Teil des Wurfs in Kauf und verstoßen gegen das Tierschutzgesetz.
Nicht immer steckt aber böse Absicht hinter der Qualzucht. Es gibt nämlich auch sogenannte Phantommerle. Hier sieht man keine Merleflecken oder sie sind unauffällig irgendwo versteckt. Der Gendefekt auf einem Allel hat oft keine phänotypische Ausprägung – kann in Kombination mit einem zweiten Merle aber verheerend sein. Deshalb gilt für Züchter: Um das Risiko, einen kranken Merle zu züchten, möglichst klein zu halten, sollte man die Gene der Zuchttiere testen. Ein gewisses Restrisiko bleibt durch zufällige Mutationen bei jeder Zucht – es sollte allerdings minimiert werden.
Was Hundehalter beachten sollten
Was sollten Sie als Hundehalter beachten? Wenn Sie wissen wollen, ob Ihr Vierbeiner das Merle-Gen in sich trägt, können Sie online einen einfachen Gentest anfordern, der mittels Backenabstrich durchgeführt wird. Die Probe senden Sie an ein Labor und bekommen in der Regel recht schnell eine Antwort. Auch Ihr Tierarzt kann einen solchen Test durchführen lassen. Die Tests kosten allerdings nicht wenig Geld.
Wenn Sie überlegen, sich einen Hund zuzulegen, sollten Sie Merles nicht prinzipiell ausschließen. Die meisten Tiere sind kerngesund und bleiben das auch bis ins hohe Alter. Wichtig ist, dass Sie bei einem seriösen Züchter kaufen, der Ihnen Gesundheitsnachweise der Eltern zur Verfügung stellt. Am besten machen Sie sich außerdem vor Ort ein Bild von der Haltung der Hunde, gerne mehrfach.