Einfach. Gut. | Wunstorfer-Stadtanzeiger

04.11.2024 09:25

Einfach. Gut.

Die Hökerstube. (Foto: Christian Kutschera)
Die Hökerstube. (Foto: Christian Kutschera)
Die Hökerstube. (Foto: Christian Kutschera)
Die Hökerstube. (Foto: Christian Kutschera)
Die Hökerstube. (Foto: Christian Kutschera)

In aller Munde auf Tour – heute im Gasthaus Gerland in Nienbrügge

Unser Besuch im Restaurant Gerland in Nienbrügge, zwischen Stadthagen, Bad Nenndorf und dem Steinhuder Meer, wurde von unterschiedlichsten Eindrücken geprägt. Zunächst wieder einmal beim Versuch, online zu reservieren – Fehlanzeige. Viermal telefonisch vergeblich, beim fünften Mal hat es dann geklappt. Läge das Restaurant nicht auf unserer Tour, hätten wir es bleiben gelassen. Als Gast telefoniert man zum Reservieren vornehmlich dann, wenn man im Restaurant der Wahl jemanden vermutet, also zur Geschäftszeit, in der aber die meisten Servicekräfte oder Chefs weder Zeit noch Lust haben, am Telefon die Anfragen zu beantworten. Hier anscheinend ein Luxusproblem: der Laden war voll und laut. Zum Ankommen also erstmal ein Aperol für 6,80 Euro, ein frisches Schaumburger 0,3 l für 3,60 Euro und eine Flasche Bad Pyrmonter für 7,50 Euro. Platziert wurden wir zum Glück in einem der hinteren Gasträume mit etwas weniger Stimmung, soweit alles gut.

Später hat uns Chefin Barbara Gerland erklärt, dass der Trubel nicht alltäglich sei – die Fußballer waren da. Okay. Auch hat sie uns erklärt, dass sie sehr gern ein Online-Reservierungssystem hätte, aber die Struktur des Restaurants mit seinen verschiedenen Räumen und den damit einhergehenden Sitzplatz-Sonderwünschen der Gäste gebe das nicht her. Wegen der hohen Nachfrage sei die Bearbeitung der vielen Anfragen tatsächlich eine nervige und zeitraubende Angelegenheit. Ein nächster Anlauf folgt.

Gegessen haben wir dann aber auch und wurden positiv überrascht. Die konservative Einrichtung, die Atmosphäre bei unserem Besuch und die einfache Speisekarte ließen zugegebenermaßen vermuten, dass aus der Küche ein liebloses „Rubbeldiekatz“-Essen kommen könnte. Doch weit gefehlt. Der Zander für 27,50 Euro war ein schönes und großes Stück, bestens gebraten, in der Mitte schön glasig, dazu sehr feine Kartoffeln, gut geschält und in gesalzener Butter geschwenkt – wie beim Kochduell. Vielleicht nicht ganz so schön angerichtet, aber sehr lecker. Schon beim gemischten Salat, der zum Zanderfilet kam, fielen uns die vielen guten Zutaten auf, wie der mit Dill angemachte Gurkensalat, Karottenstreifen im Zitronendressing, junger Feldsalat, rote Bohnen, Tomaten und verschiedene Blattsalate und Kräuter mit gutem Dressing. „Gemischten Salat“ haben wir oft anders erlebt.

Vor dem Hauptgang gab es auch noch die Hochzeitssuppe für 7,60 Euro, an der man ganz gut erkennen kann, wie viel Liebe ins Detail in der Küche investiert wird. Sie ist aufwändig herzustellen, im besten Fall sehr lecker und deshalb hierzulande so beliebt. Zu Recht bei den Gerlands, nicht weil der Eierstich mit dem Wellenmesser geschnitten wurde, sondern weil neben den leckeren kleinen Markklößchen in der kräftigen Brühe genug davon drin war.

In der nicht sehr inspirierenden Speisekarte müssen die Speisen mit nur drei Seiten klarkommen, auf denen auch noch so aufregende Gerichte wie Jägerschnitzel und Currywurst/Pommes den knappen Platz beanspruchen. Eine Seite widmet sich den Rump- und Filetsteaks, eine weitere den Vorspeisen und Salaten. Insgesamt fünfmal Veganes und Vegetarisches sind im Angebot enthalten. Filetsteaks sind wenig geeignet, um einen Eindruck von der Küchenleistung zu bekommen, und ein Rumpsteak, wie wir es dann bestellt haben, ist leider fast immer eine zähe Enttäuschung. Dieses Mal überhaupt nicht, und ich habe mich richtig geärgert, nicht 300, sondern nur 200 Gramm bestellt zu haben. Gute Qualität, perfekt auf den Punkt, ganz saftig, sehr zart – was will man mehr? Und endlich mal wieder knusprige, gut abgeschmeckte Bratkartoffeln, ebenso die Champignons. Als Beilage bestellten wir Bohnen, frisch zubereitet, ein Hauch Bohnenkraut mit einer leckeren Speckschmelze. Das Steak für 18,80 Euro, drei Beilagen um die fünf Euro, macht für das Gericht sehr faire 33,50 Euro. Verantwortlich für die gute Küchenleistung ist Ehemann Ernst-Wilhelm mit seinem Team, der schon 1992 in vierter Generation den Betrieb übernahm. Ein Ladengeschäft (früher Höker genannt) mit Gastronomie gibt es in dem Gebäude schon seit den 1890er Jahren, das seinerzeit der Urgroßvater „die Stätte Nienbrügge Nr. 20“ durch Zwangsversteigerung übernahm.

Natürlich hat die kleine Karte einen Grund. Barbara Gerland verweist auf die vielen Aktionswochen. Aktuell gibt es die Fränkisch-Bayrischen Wochen, bei denen früher auch schon mal die Spätzle handgeschabt wurden, erklärt die Fränkin stolz. Da unsere Restaurantgeschichten im Schaumburger Wochenblatt zeitversetzt zu unseren Besuchen erscheinen, macht es sehr bedauerlicherweise keinen Sinn, über besondere Aktionen zu erzählen, die vielleicht wenige Tage später schon nicht mehr im Angebot sind. Auch Hamburger gibt es hin und wieder als Aktion, dann aber richtig mit einem größeren Sortiment und teils selbst gewolftem Hamburgerfleisch mit dem möglichst perfekten Fettanteil, der bei knapp 22 Prozent liegt. So wird es den Gästen, die inzwischen aus einem beachtlich großen Einzugsgebiet anreisen, nicht langweilig, und man bleibt motiviert, immer das Beste rauszuholen. Das gilt auch für den Service. Obwohl es neben Aushilfskräften nur eine Festangestellte gibt, sind alle freundlich, zuvorkommend und immer da. Das Motto lautet: Sei so zu den Gästen, wie du selbst behandelt werden möchtest, berichtet uns die Chefin – und das ist zu merken.

Zu guter Letzt haben wir noch über die Weinkarte gesprochen. Aus unserer Sicht sind insgesamt sieben Weißweine nicht gerade viel, und fünf davon kommen aus Baden, ein Franke und ein Pfälzer – klingt nach schlechter Weinberatung. Oft höre ich, dass Wein bei uns nicht laufe, und sehe das natürlich ganz anders, denn es gibt zu viele Beispiele für gute Weinumsätze in unserer Region. Das Angebot muss aber stimmen, und da ist hier Potenzial, das noch gehoben werden könnte. Und weil Barbara Gerland uns den Wein aus Franken, eine VDP-Ortslage der Würzburger Hofkellereien, angepriesen hat, wurde der auch gleich probiert. Und für gut befunden. Vielleicht liegt es ja auch daran…

Ein gutbürgerliches Speiselokal mit sehr guter Qualität zu moderaten Preisen!

Gasthaus Gerland
Schaumburger Straße 39
31553 Sachsenhagen
OT Nienbrügge
Telefon 05725 / 15 56
www.gasthaus-gerland.de

Mo. & Di. geschlossen
In der Woche ab 17:00 Uhr
Sonntag ab 11:00 Uhr
warme Küche:
In der Woche ab 17:00 Uhr bis 20:30 Uhr
Sonntag von 11:30 Uhr bis 13:30 Uhr (Mittagskarte) und von 17:00 Uhr bis 20:00 Uhr

Der Beilagensalat. (Foto: Christian Kutschera)
Der Gastraum. (Foto: Christian Kutschera)
Der Zander. (Foto: Christian Kutschera)

Von Christian Kutschera
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