WUNSTORF (gi/r). Der Autor der nachstehenden Zeilen ist Stadtarchivar Klaus Fesche. „In den USA erinnert das Buch „Goerner the mighty”– Görner, der Mächtige – an ihn, auch im Guiness Buch der Rekorde findet man ihn, aber hierzulande ist er fast vergessen: Hermann Görner, einst als „stärkster Mann der Welt” berühmt und verehrt. Am 29. Juni 2016 jährte sich sein 60. Todestag. Gestorben ist er im Krankenhaus in Neustadt a. Rbge., sein Grab fand er auf dem Wunstorfer Friedhof. Sein letztes Lebensjahrzehnt aber hatte er in Klein Heidorn verbracht. Görners Tod dokumentieren ein Nachruf in der Wunstorfer Zeitung vom 2. Juli 1956 und eine Traueranzeige des Gesangvereins Concordia Klein Heidorn, dessen Mitglied Görner war. Einige seiner Kraftsportleistungen sind bis heute unübertroffen. Dass er in Klein Heidorn strandete, ist den turbulenten Zeitumständen geschuldet. Viele Jahre lang war er in Manegen auf der ganzen Welt zu bestaunen, seine Frau Elsie, die 1949 starb, hatte er in Südafrika kennen gelernt. Eines der wenigen Fotos, die von Hermann Görner erhalten sind, zeigt, wie er sie im Zirkus mühelos mit ausgestreckten Armen über seinem Kopf hält, sie selbst entspannt, wie im Grase liegend und Wolken betrachtend. Das Bild zeigt aber noch mehr: Görner hat nur ein Auge, eigentlich war er ein Schwerbehinderter – genauer gesagt, er war schwer kriegsbeschädigt aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt. Bei der Explosion einer Granate in seiner Nähe hatte er das linke Auge verloren und zahlreiche Granatsplitter abbekommen. Doch das hinderte ihn nicht daran, seine schon vor dem Krieg begonnene Karriere als Kraftsportler fortzusetzen und sich zu unfassbaren Leistungen zu steigern. 1920 besiegte er den Weltmeister desselben Jahres im Gewichtheber-Fünfkampf, Karl Mörke, mit einer Gesamthebeleistung von 597,5 Kilo – bis heute offenbar unübertroffen, wobei gesagt werden muss, dass die Disziplin 1934 abgeschafft wurde. Besser denn als Sportler ließ Geld sich im Showbusiness verdienen, und so trat Görner ab 1921 in Varietés und Zirkussen überall in der Welt auf. Dabei zeigte er atemberaubende Kraftakte: Als lebender Brückenpfeiler stützte er eine Rampe, auf die ein mit sechs Personen besetztes Auto fuhr. Oder er stemmte mit seinen Beinen einen Balken 15 Sekunden lang hoch, auf dem 24 Männer saßen. Schon 1921 trug er einen Konzertflügel samt Transportkiste 16 Meter weit. Ob er anschließend auch auf dem Flügel spielte, ist nicht überliefert - aber Klavierspielen konnte er auch. Noch bis zum Zweiten Weltkrieg glänzte Görner mit spektakulären Auftritten weltweit – in Deutschland aber war er seit Machtantritt der Nazis nicht mehr (wenn man davon absieht, dass er kurzzeitig im KZ gesessen haben soll). Nach Kriegsende zurückgekehrt, flüchtete er 1946 aus seiner Leipziger Heimat in den Westen und landete in Klein Heidorn. Zumindest dort kennt man ihn noch. Foto: privat