1. Halbzeit super | Wunstorfer-Stadtanzeiger

07.04.2025 15:17

1. Halbzeit super

. (Foto: Christian Kutschera)
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In aller Munde auf Tour – heute im meat & eat by Wiegand in Wunstorf

Im Wunstorfer Industriegebiet gibt es ein sehr erstaunliches Bauwerk, in dem sich das Designhotel Cantera by Wiegand angesiedelt hat. Im Erdgeschoss des Hotels befindet sich das Restaurant Meat and Eat, bei dem auch der Laie sofort die Hochwertigkeit des Interieurs erkennt und bestaunt. Viel Liebe im Detail wurde investiert; es wurde an nichts gespart, von der Akustik bis zur Beleuchtung. Auch die große Terrasse wirkt sehr einladend und lässt erahnen, wie schön man hier Sommerabende genießen kann – Industriegebiet hin oder her. Schließlich ist das Parken vor der Tür kein Problem, und man wird auch nicht um 22 Uhr von der Terrasse gebeten.

Nachdem wir per Mail eine Reservierung angefragt hatten, kam kurze Zeit später die Bestätigung, und schon ging es los. Auf der Homepage wurde ein Steak-Abend mit Live-Piano-Musik angekündigt, doch schon am Nachmittag kam der Anruf, dass die Lieferung nicht gekommen sei; gefragt wurde, ob man auch mit der normalen Speisekarte zufrieden sei. Da wir ohnehin viel probieren wollten, war uns das recht, egal ob das Aktionsstorno tatsächlich am Lieferanten oder der dünnen Reservierungslage lag; mit uns waren zehn Gäste im Restaurant.
Wir haben eine Tomaten-Bananensuppe (!) für sieben Euro bestellt, eine Tagesuppe Brokkoli-Creme für 6,50 Euro und ein Vitello Tonnato für 16,90 Euro. Die Suppen waren von höchster Qualität, sehr fein abgeschmeckt und ein reines Vergnügen, genauso wie das Vitello mit hervorragendem, zartem Kalbfleisch und einer tollen Soße. Zum Teilen hatten wir eine Portion Cantera-Brot, das wie Bruschetta serviert wird, aber mit knusprigem, dunklem Brot. Selbst der Beilagensalat war außergewöhnlich gut, mit wertigen Salaten, Nüssen und Kräutern und hausgemachtem Dressing – zusammen ein wahrlich beeindruckender Einstand. Dazu haben wir eine Flasche Lugana Vigne Alte für 38,30 Euro getrunken, die gut gekühlt serviert wurde, und eine Flasche hausgemachtes Wasser für sechs Euro.

Soweit wirklich gut. Denn bei den Hauptgängen ging es nicht ganz auf diesem Niveau weiter. Das Wagyu-Steak für 38,90 Euro wurde durchgebraten; vom eigentlich feinen Geschmack dieser Rasse und von gekonnter Zubereitung war wenig zu schmecken. Für diesen Preis, den ein gutes Wagyu-Steak allemal wert ist, war das der erste Patzer. Wenn die gewünschte Garstufe nicht abgefragt wird, gilt Medium als vereinbart. Eine große Portion frische Tagliatelle für 17,90 Euro war definitiv aus frischen Nudeln gemacht, aber leider wenig abgeschmeckt, mit ein paar Kirschtomaten, Brokkoli und sehr reichlich Gorgonzola-Sauce. Die französische Entenbrust für 25,80 Euro, ohnehin aufgrund ihrer Unzuverlässigkeit ein riskantes Gericht, wurde mit feinem, durch das Wok-Gemüse sehr dunklen Nudeln serviert und war leider in der Garstufe ebenfalls well-done. Der Seeteufel im Schinkenmantel aus der Karte wurde durch ein Zanderfilet ohne Mantel ersetzt; der Preis von 29,90 Euro wurde hingegen nicht angepasst. Der Fisch war nicht glasig, sondern ebenfalls durchgebraten; immerhin waren die Linsen sehr schmackhaft, aber das Gericht hatte keinerlei Soße, um die Hülsenfrüchte, die Kräuterkartoffeln und den Fisch etwas geschmeidiger werden zu lassen. Kurzum, alles ein wenig zu gar.

Gehoben, aber nicht abgehoben sei das Ziel

Natürlich haben wir versucht herauszufinden, woran es gelegen hat; im Restaurant gelang uns das nicht. Also fragten wir tags darauf freundlich per Mail bei der Geschäftsleitung nach, und schon nach kurzer Zeit folgte das Gespräch mit dem Chef, Dennis Wiegand, der auch in Hannover ein kleines Hotel betreibt. Ein Hotelkaufmann seines Zeichens und seit mehreren Jahren Hotelier. 2016 übernahm er das Cantera-Hotel in Wunstorf, in dem zuvor Natursteine vertrieben wurden und eine Saunalandschaft angesiedelt war. 2022 wurde mit viel Investition aus der kleinen Küche eine große Küche gemacht, und seit 2023 befinden sie sich im Aufbau des Restaurantbetriebs. Gehoben, aber nicht abgehoben sei das Ziel. Es war ein sehr guter Austausch; die Ambitionen sind schlüssig, und die Ziele realistisch. Vom Ablauf unseres Abends war Dennis Wiegand spürbar betroffen. Er hat im Vorfeld des Gesprächs die Vorgänge so gut es ging recherchiert – zum Glück kein bisschen beleidigt oder gar die „Das-kann-gar-nicht-sein-Nummer“.

In unserem Fall war es der Klassiker, die kleine Ursache mit großer Wirkung, denn es stellte sich heraus, dass unsere Essen offensichtlich auf den Punkt und mit genauso viel Hingabe wie die Vorspeisen angerichtet, unter dem (heißen) Pass standen und leider dort knapp acht Minuten verweilten, bevor man sie uns brachte. Logischerweise ist dann alles durchgebraten oder drüber. Hinzu kam just an diesem Tag ein noch nicht von allen verdauter Wechsel in der Küchenleitung. Und klar kann das passieren, aber dann sollte die Reaktion entsprechend ausfallen, indem man den Gästen offen und ehrlich erklärt, dass etwas schiefgelaufen ist. Erfahrungsgemäß bekommen die ersten Gäste dann schon fast Mitleid, und wenn mit diesen eine tatsächliche Widergutmachung vereinbart wird, ist die Welt oft schon wieder in Ordnung. Uns wurde ein Espresso aufs Haus angeboten. Die meisten Gäste wären an dieser Stelle für immer verloren.

Wir hören oft, dass jeder mal einen schlechten Tag habe und man sich nicht so anstellen solle. Wenn aber diese Gutmenschen den eigenen Wagen aus der Werkstatt abholen und die Radmuttern sind lose, ist der Ärger groß, wobei doch der Schrauber auch nur mal einen schlechten Tag hatte. Die Performance bei Dienstleistern ist erst dann wirklich gut, wenn man auch mit Fehlern vernünftig umgeht. Sieht Dennis Wiegand übrigens ganz genauso.
Wir bestellten uns zum Hauptgang einen Sauvignon Blanc für 33,20 Euro vom Weingut Klein aus der Pfalz, der uns ein wenig über die entgangenen Freuden hinweghalf. Die Dessertkarte mit Tarte, Mousse au Chocolat und Törtchen hat uns nicht verleiten können, und so baten wir um die Rechnung.
Wir sind sicher, dass sie richtig gut kochen können, sonst wären die Vorspeisen nicht so gut gewesen. Das Restaurant an sich ist sehenswert, also kommen wir gerne wieder, zumal wir natürlich die Terrasse auch einmal erleben möchten.

Meat & Eat Wunstorf
Adolph-Brosang-Straße 32
31515 Wunstorf
Tel. 05031 9529-0

cantera@hotel-wiegand.de
www.meat-eat.de

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Von Christian Kutschera
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